Aus aktuellem Anlass wollte ich etwas zum Fall Stromio / Grünwelt Kündigungen schreiben. Ich bin selbst betroffen und habe kurz vor Weihnachten eine Kündigung von Stromio in meinem Email Postfach gehabt. Mein Stromvertrag wurde zum 21.12.2021 gekündigt. Die offizielle Email mit der Kündigung sieht dann bei mir so aus:
Stromio ist nicht pleite – nur kurz davor
Ich wusste bereits aus den Medien, dass so eine Email auch bei mir landen wird. Bereits eine Woche vorher gab es Berichte über die nächste „Insolvenz“ eines Stromanbieters. Seriös ist das nicht gewesen. Ich lese in der Email nichts von einer Insolvenz aber vieles deutet darauf hin, dass Stromio durch den teuren Stromeinkauf am Markt seit Monaten nicht mehr profitabel arbeiten kann. Durch die Kündigung der Stromlieferung durch Stromio wird eine Insolvenz erstmal kurzfristig aufgehalten.
Einige Verbraucherschützer empfehlen Kunden jetzt evtl. Schadensersatzansprüche zu stellen, da keine Insolvenz vorliegt und die Kündigung dadurch wahrscheinlich unwirksam ist. Ganz ehrlich, wenn ich nicht gerade 20.000 kWh im Jahr verbrauche und nebenbei einen Anwalt als Freund habe, erspare ich mir die deutsche Bürokratie. Am Ende geht es im besten Fall um einen Betrag von 100 bis 250 Euro, der mir als Schaden durch einen teuren Stromtarif entstanden ist. Hinzu kommt, dass Stromio theoretisch auch die Preise hätte stark erhöhen können (wie viele andere jetzt auch), wahrscheinlich war es aber dafür am Ende zu kurzfristig.
Strom Ersatzversorgung nach Stromio Kündigung
Mein Grundversorger im Berliner Speckgürtel ist EON, in Berlin kenne ich viele die Vattenfall als Grundversorger haben. Diese Grundversorger übernehmen ohne mein Zutun die weitere Stromlieferung. Eigentlich merke ich nicht, dass ich einen anderen Stromanbieter habe, trotz Kündigung.
Bei EON bin ich jetzt in den Ersatzversorgungstarif gerutscht. Das hört sich im ersten Moment schlimmer an, als es eigentlich ist. Im Brief meines „Strom Ersatzversorgers“ heißt es wörtlich:
Mit diesem Tarif sind Sie bis zu drei Monate sicher versorgt. Falls Sie bis zum 21. März 2022 keinen neuen Vertrag abgeschlossen haben, erhalten Sie Ihre Energie weiter von uns. Sie sind dann in der für Sie bequemen und flexiblen Grundversorgung. Ihr Preis bleibt unverändert.
Was sollte ich nach der Kündigung von Stromio tun?
Meine Meinung: Gar nichts und die Füße still halten! 🙂
Hört sich im ersten Augenblick komisch an aber eigentlich gibt es für mich aktuell keine echte Alternative dazu. Ich habe mir die Bedingungen des „Ersatztarifs“ von EON mal genauer angeschaut und muss gestehen: die sind unter den aktuellen Marktbedingungen mehr als ok.
- Arbeitspreis pro kWh: 32,09 Cent Brutto
- Grundpreis im Jahr 134,79 Euro (monatlich also 11,23 Euro)
- Preis für Stromzähler ab 13,71 Euro im Jahr bei konventionellem Zähler.
Vor einem Jahr hätte ich noch gesagt, da lässt sich bestimmt Geld sparen durch einen günstigen Stromanbieter. Stand heute ist die Strom Ersatzversorgung von EON echt günstig! Soweit ich weiß, kostet Vattenfall in Berlin in dem Ersatzversorgungstarif ebenfalls nur einen Cent mehr pro kWh (33 Cent). Damit das ganze nachvollziehbar ist, hier ein Screenshot von einem Strompreisvergleich online.
Wer schon mal online einen Strompreisvergleich durchgeführt hat, weiß, dass der monatliche Betrag normalerweise grün angezeigt wird. Direkt darunter steht die monatliche Ersparnis zum Grundversorger, der oben entsprechend für die Postleitzahl automatisch ausgewählt wird. Bei meinem Haushaltsverbrauch zahle ich also 105,98 Euro im Monat beim Grundversorger für Strom. Der Hinweis bzw. keine Preisgarantie ist nett aber für mich als Kunde in dem Moment nicht relevant.
Im obigen Screenshot sind die Anbieter nach Preis sortiert, also der Günstigste zuerst. Dieser ist „MONTANA“ von dem ich noch nie was gehört habe. Zudem muss man hier den Vertrag direkt für 24 Monate abschliessen, was ich niemanden empfehlen würde. Der erste wirklich vergleichbare Stromtarif mit nur 12 Monaten Laufzeit und Preisbindung wäre der VW Strom, wobei die Weiterempfehlungsquote von 77% bei Check24 echt mies ist. Hier kostet der Strom mich aber monatlich schon mal 44,- Euro mehr als beim Grundversorger. Schaut man sich die Tarifdetails an, sieht man auch schnell, wieso das so ist:
Günstigster Stromanbieter im Preisvergleich 30% teurer als Grundversorger
Schaut man sich die Konditionen des günstigsten Stromanbieters aktuell (Stand Januar 2022) an, bekommt man einen kleinen Schreck. Der Grundpreis ist hier schon deutlich höher als bei EON. Hinzu kommt, dass VW als günstigster Stromanbieter bei Check24 für meine Region ganze 46 Cent pro kWh als Arbeitspreis ansetzt. Der Ersatztarif von EON, wo ich reingerutsch bin, liegt (wir erinnern uns) bei gerade mal 32,09 Cent. Damit würde ich bei einem Wechsel über Check24 zum anderen Stromanbieter über 30% mehr zahlen als jetzt. Viele bekannte Stromanbieter nehmen zudem keine Neukunden mehr an, da niemand aktuell langfristig kalkulieren kann. Deshalb sieht der Stromvergleich bei Check24 und Verivox aktuell echt mickrig aus.
Günstigeren Stromanbieter gefunden – sollte ich wechseln?
Natürlich sind die großen Stromvergleichsportale auch nur Vermittler, die dem Kunden einen netten Service anbieten. Am Ende berücksichtigen diese aber nicht alle Stromanbieter am Markt, daher macht es Sinn, selbst ein paar Stromanbieter zu vergleichen. Dies ist natürlich deutlich mühsamer aber dadurch findet man auch gute Stromangebote, die es nicht an jeder Ecke gibt. Ein Beispiel aus meiner Recherche ist z.B. der Stromanbieter enercity, die einen Strompreis von nur 30,10 Cent haben und eine ähnliche Grundgebühr wie EON.
Bei meinen angenommenen 3.500 kWh im Jahr spare ich also bei einem Wechsel ca. 70,- Euro jährlich. Normalerweise würde ich diese Ersparnisse durch ein paar Klicks mitnehmen. Aktuell verzichte ich aber lieber darauf, da der Strommarkt im Moment unvorhersehbar ist. Ich bin mir nicht sicher, ob es nicht noch mehr „kleinere Stromdiscounter“ am Markt erwischen wird in den nächsten Monaten.
Zudem kann ich mir vorstellen, dass die großen Grundversorger wie EON, Vattenfall usw. durch Tausende von ungewollten Neukunden in Zukunft auch hier die Ersatztarife deutlich teurer machen werden. Im Moment nehmen die wenigsten großen Stromanbieter noch Neukunden auf und wenn, dann zu wirklichen Wucherpreisen. Ein tolles Beispiel ist EON selbst, wo man als Neukunde in unserer Stadt nur einen Ökostromtarif bekommt mit 19,75 Euro Grundpreis monatlich und 62,99 Cent pro kWh.
Gibts auch was Positives zu berichten?
Ja, das gibt es tatsächlich! Wie gesetzlich vorgeschrieben gab es keine bösen Stromausfälle nach der Kündigung. Der Übergang in den Ersatztarif erfolgt wie in der Theorie ohne irgendwelche Probleme!